DER HEILIGE GRAL

Die gebrauchte Gitarre habe ich zufällig in einem Gitarren- und Reparaturladen gefunden. Eine Martin SWDGT. Schon einige Jahre alt, hat mich dieses Stück Holz sofort begeistert. Deutlich teurere, neue Gitarren konnte ich beruhigt wieder zurückstellen, nachdem ich diese in der Ecke stehen sah und anspielte. GitarristInnen suchen mitunter den "Gitarren-Gral", ich habe nichts gesucht. Dafür etwas gefunden. 

Gitarren haben ihre eigene Geschichte und so kreuzen sich die Wege. 

 

Das bringt mich zu "Indiana Jones" Teil 3, "der letzte Kreuzzug" (nicht die letzte Kreuzung..). Es gibt deutlich bessere Bildungsangebote, aber den Film habe ich ganz gerne geschaut. Da gab es wichtige Sätze drin, etwa: "Die Feder ist mächtiger, als das Schwert." Cooler Spruch, gibt friedlichen Menschen, die etwas zu schreiben haben Selbstbewusstsein. Auch nützlich, wenn man im Alltag von einem Schwertkämpfer bedroht wird. Also, immer Feder/Füller mitnehmen!

 

Dann die Worte "Lass es!" Am Schluss des Films. Um sich durch Verblendung, Ruhm, Glanz und narzisstische Bedürfnisse nicht selbst zu verlieren. Sich in den Tod zu treiben und den Abgrund zu stürzen. Die Illusion von einer Vorstellung oder umgekehrt loszulassen?

Weiterer Vorteil: Loslassen können, nimmt Stress raus, alles zu brauchen und haben zu wollen. Große Macht beispielsweise oder Können durch ein teures Instrument? Loslassen ist hilfreich, wenn das Geld dafür nicht da ist.

Den Hals nicht voll zu bekommen? Lässt sich nur durch einen grundlegenden Mangel an Wesentlichem erklären. Gibt auch nur (den) einen Heiligen Gral. Oder die Illusion davon, die es loszulassen gilt. Deswegen wird er ja gesucht. Der Gral. Die Illusion. Manche laufen der Illusion hinterher, dass der Kauf einer wertvollen Gitarre die Begabung ersetzt und die Kreativität kommt, die nicht vorhanden ist. Auch wenn das tatsächlich passieren kann.

Die Szene im Gitarrenladen hat mich (nur) ein wenig an die erinnert, als Indiana Jones den Kelch unter all den "wertvollen" heraussuchen soll und sein Blick auf den einfachen Becher fällt. Der Ritter sagt: "Deine Wahl war weise". Im Prinzip war die Gitarre einfach günstiger.. Doch irgendwie ist was dran an der Sache, denn die Gitarre hat etwas, was all die anderen eben nicht hatten. Für mich zumindest.

 

In dem Film sucht ihn der Held. Der Gral ist am Ende der einfache Becher eines Zimmermanns (?). Schlicht, einfach,  realistisch interpretiert. Kein glanzvoller Gold-Diamanten-Kelch. Der passt eher zu kirchlichem Pomp und mittelalterlicher Mythologie. Diese Auflösung der Geschichte fand ich ganz gut. Es ist eine Interpretation und kann Illusion sein. 

 

Der Gral als der Kelch, den Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern benutzt und in dem Josef von Arimathäa das Blut Christi unter dessen Kreuz aufgefangen haben soll? Das Blut, das Menschgeworden-Göttliche, das in dem/der (weiter-)lebt, der/die den Gral gefunden hat? Was unsterblich macht? Sich selbst als Gefäß geleert von all den Bildern, Manipulationen, Predigten, Prägungen und allem, was uns davon abhält? So macht es vielleicht Sinn.

Wenn man darin einen suchen mag. Mit dem Gral findet sich vielleicht das Nichts. Ich bleibe jetzt bei der Gitarre:

 

Die Martin SWDGT hat zwar etwas Messingglanz und eine hübsch gemachte Kopfplatte, sonst ist sie schön schlicht und einfach. Ansonsten ist der "Gral" mythologisch überfrachtet und eher eine (populär-)kulturelle Idee, im Mittelalter entsprungen. Für manche überflüssiger Unsinn. Ähnlich, wie dieser und überhaupt der Hollywood-Film.

 

Es kann Leute geben, die Gitarren, also meinen, hinterherlaufen und sie unbedingt haben wollen, wenn ich sie zu etwas gigantisch Besonderen mythisch verkläre und auflade..denn diese Gitarre ist der "Heilige Gral !!" 

 

Gleich klargestellt: Alle meine Gitarren sind die absolut besten, die es gibt. Sonst hätte ich sie nicht.

Ihr Wert ist unermesslich. Ich habe alle Heilige Gitarren-Grale, die es gibt. Sie sind (bis jetzt) unverkäuflich.

 

Das dunkelrote Schlagbrett dieser Gitarre ist aus dem Tuch geschnitten, das, einer heiligen Hostie gleich, in den Gralskelch mit dem Blut von Jesus Christus getaucht wurde! (Vermutlich, laut Verschwörungserzählung, von Maria Magdalena). Ca. 2000 Jahre lag es zum Trocknen, bewacht vom Geiste Marias, in einer dunklen Höhle bevor es von Indiana Jones gefunden und nach Amerika gebracht wurde. Es hat zum Glück noch für weitere Schlagbretter ausgereicht und wurde für den Glanz entsprechend versiegelt und poliert.

Nebenbei: Zu Ostern könnte man Eierbecher in Form des Gralskelchs anbieten um endlich einen Zusammenhang zwischen dem Leidensweg Christi und den bunten Eiern herzustellen. Rotwein als sein Blut ist bereits etabliert.

Im Rahmen des Merchandisings im Bezug auf die Gitarre wäre Unsterblichkeits-Kirschsaft (s.u.) denkbar.

Merchandising ist wichtig für quengelnde Kinder mit Sammeltrieb. 

 

So verrückt (?) und so lange funktioniert das Christentum mit Marketing, Verwirrung, seinen Mythen, Kirchen, Produkten, Heiligen, Päpsten, Pop- und Filmstars, Kardinälen, Roben, "StellvertreterInnen Gottes", sehr bescheiden.., der heiligen (medialen) Impfquisition (neuerdings), Blasphemien und Pandemien (neuerdings).. In Kooperation mit der suchtgefährdeten Konsumgesellschaft, der Wirtschaft, Wissenschaft, Industrien, der Politik und manipulativen Medien.

Mit und für erlösungswillige (Hilfe-) Suchende..oder so ähnlich..

 

Lasst Euch also bitte nicht nur von PR-, Werbe- und Marketingabteilungen ver-apple-n und verkirschen, sondern auch von mir! 

 

Jetzt ernst und sachlich: 

Die "Sustainable Wood"- Serie von Martin wird leider nicht mehr gebaut. Die Firma bemühte sich um Nachhaltigkeit durch schnell nachwachsendes Holz und das Instrument ist ein wunderbares Beispiel, was man aus einem Kirschbaum machen kann. Das Holz ist für den Korpus der "Dreadnought"-Gitarre verwendet worden. Die Decke ist aus Sitka-Fichte, nicht weiter ungewöhnlich. Bei jeder akustischen Gitarre gibt´s für mich diese Kriterien: Spricht die Gitarre mich an, wenn ich sie anspiele? Sind Klang und Töne da, wie ich sie mir vorstelle? Setzt die Gitarre Kraft und Sensibilität um, klingt sie differenziert und vor allem: Inspiriert sie mich und hat sie Tiefe im Klang und Charakter? Hier bin ich überrascht, welche Dynamik, Feinheit, Brillianz mit rundem Ton in den Höhen und andererseits Wucht herauskommt. Sie kann von ganz schön leise, immer klar, mal süßlich, von schönen, singenden Höhen, bis lautem, bollernd, kantigem, wummernden Bass auf den tiefen Saiten. Dabei mit wohliger Wärme und bei Bedarf mit zärtlicher Weichheit. Ein sehr "männlicher" und "weiblicher" Ton ist möglich. Das hat mir gefallen. Und sie klingt etwas anders im Charakter, als die üblichen, lange etablierten Modelle des Herstellers. Ich hoffe, dass meine Musik anders klingt, als die von anderen. 

 

Die Gitarre ist viel gespielt, hat Blessuren und Kratzer, ist aber eine sehr lebendige Kirsche, obwohl sie nicht mehr auf der Wiese steht. Blessuren, Kratzer, Narben, habe ich auch. Die bei der Gitarre sind vom Gitarrenbauer ganz gut aufgearbeitet worden. Das Auge kann sich noch daran freuen. Nicht nur das Auge:

Wie viel Wunderbares, Schönes lässt sich mit so ein bisschen Holz in die Welt schwingen und klingen und unter Menschen bringen? Die sich daran ebenso erfreuen?

Die Wiedersacher des Filmhelden mit ihrem Gerät und Ehrgeiz erinnern in ihrer Gralssuche etwas an heute, oder?

 

Wieviel Furchtbares wird mit tonnenschwerem Stahlgerät, billionenteurer, tödlicher Wissenschaft und Technik in der Welt angerichtet? Vielleicht erfreuen sich andere an echten Schlachtschiffen und Kriegspropaganda? An Kanonen, Panzern, Bombern, Bomben, Düsenjägern, Granaten, Gewehren, Radaren, Satelliten und Kampfdrohnen?

Und darüber, dem "Feind" möglichst große menschliche, körperliche und seelische Verluste zuzufügen. Zu "gewinnen", wo es für niemanden etwas zu gewinnen gibt. Außer für für die Rüstungindustrie, Aktionäre und PolitikerInnen?

Menschen sind unterschiedlich. Den letzten Kreuzzug gibt´s nur im Film (?). Irgendjemand zieht immer wieder los.

 

So ist das halt. Wir können zusammen ein Lied oder ein paar Töne zusammen mit einem schon älteren Stück Holz singen und spielen? Können gemeinsam essen, was im Garten wächst. Kirschen und Kirschkuchen. Friedliche Feste feiern. Mit FreundInnen aus der ganzen Welt. Mit FeindInnen, die nie welche waren, bis sie durch Politik und ohnmächtig Mächtige dazu geworden sind. Wenn sie es wollen. Wenn wir es wollen. Wenn ich es will. Und wenn ich es nicht will, dann nicht.

Viele haben lieber Krieg und keine Verhaltensalternative. Ich lerne lieber ein Leben lang, andere lernen es nie.

 

"Dreadnought" heißt wörtlich eigentlich "Fürchtenichts", gleichzeitig "Schlachtschiff". Ganz gut, die Leute nicht zu fürchten, die uns (weiter) in Kriege und Kämpfe treiben (wollen)? Und ihnen Einhalt zu gebieten?

Sollten wir tun, nicht nur mit Gitarren, Mundharmonikas und Liedern. Die Mittel sind begrenzt. Oder vielleicht doch nicht?

 

Und vielleicht ist der echte Gral tatsächlich etwas ganz Einfaches: Das Ende der Illusion.

Etwas, was wir jeden Tag finden können - jenseits von Kriegen.

Was Schlachten beendet, oder gar nicht erst entstehen lässt.

 

 

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© Texte, Fotos, Videos, Dietmar Schrader